Visitor Analytics im Test 2024 – Wie gut ist der Datenschutz?

Featured Image Visitor Analytics

Vor ca. zwei Monaten kam ich in Kontakt mit Tim Hammermann, dem Geschäftsführer von Visitor Analytics. Das ist ein Analytics-Tool, mit dem du Nutzerstatistiken über deine Website erfassen kannst.

Nun fragst du dich vielleicht, warum ich mich mit einem solchen Programm auseinandersetze. Das hat zwei Gründe:

  1. Als Website-Inhaber und Online-Marketing-Freelancer interessiert mich der Funktionsumfang und die Benutzerfreundlichkeit von solchen Tools.
  2. Website-Analytics ist ein Bereich, in dem aus datenschutzrechtlicher Sicht viel Schmu getrieben wird. Hier kann ich vorab sagen, dass Visitor Analytics einiges besser macht als seine Konkurrenz.

Wie funktioniert das Tracking bei Visitor Analytics?

Gleich beim ersten Blick auf die Website, springen dir die folgenden beiden Claims ins Auge: 

  • Keine Cookies & kein Opt-In notwendig
  • 100 % DSGVO- & CCPA-konform

Solche Aussagen zeigen, dass Visitor Analytics den Datenschutz sehr ernst zu nehmen scheint. Weiter unten gehe ich genauer darauf ein, welchen Punkten ich zustimme und welchen nicht. Aber lass uns erstmal die zugrundeliegende Technik anschauen, bevor wir zu meinem eigentlichen Visitor Analytics Test kommen. 

visitor-analytics-website.jpg
Datenschutz scheint bei Visitor Analytics ein wichtiges Thema zu sein.

Die meisten Analytics-Programme tracken dich mit Hilfe von Cookies. Cookies sind kleine Dateien, die Websites auf deinem Computer speichern, um dein Verhalten zu analysieren. Spätestens seit dem BGH-Urteil vom 28. Mai 2020 ist klar, „dass derjenige, der [nicht technisch notwendige] Cookies auf Internetseiten setzen will, in jedem Fall die aktive Zustimmung des Nutzers benötige.“ (Quelle: wbs-law.de)

Alle nicht technisch notwendigen Cookies benötigen eine aktive Zustimmung des Nutzers.

Deshalb benutzen die meisten Websites mittlerweile Einwilligungs-Tools, mit denen du auswählen kannst, welche Arten von Cookies du erlauben willst. Wahrscheinlich bist du auch schon mit meinem Tool in Berührung gekommen:

privacytutor-cookie-box.jpg
Auch auf PrivacyTutor kannst du auswählen, welche Cookies du zulassen willst.

Visitor Analytics setzt auf ein komplett „cookieless“ Tracking. Anstatt über ein Cookie wirst du über deinen Browser-Fingerprint identifiziert. Dieser einzigartige Fingerabdruck wird aus hunderten Informationen generiert, die eine Website über dich erfassen kann. Dazu gehören beispielsweise deine Zeitzone, deine Systemschriftarten, dein Betriebssystem, deine Bildschirmauflösung, deine installierten Plugins, die Darstellung eines Canvas und vieles mehr.

Laut einer Studie von der Electronic Frontier Foundation ist ein Browser-Fingerabdruck in 83,6 % der Fälle eindeutig. Wie du auf dem folgenden Screenshot erkennen kannst, scheine ich ebenfalls dazuzugehören. Beispielsweise sind mein User Agent (Firefox 5.0 & Linux), meine installierten Sprachen (de-DE, en-US, en) und meine 122 installierten Fonts besonders einzigartig.

amiunique-browser-fingerprint-alex.jpg
Hier ein kleiner Ausschnitt meines Fingerabdrucks. (Quelle amiunique.org)

Auf Websites, wie amiunique.org, coveryourtracks.eff.org oder uniquemachine.org kannst du dir selbst ein Bild darüber verschaffen, welche deiner Informationen Websites zu einem individuellen Fingerabdruck zusammenpuzzeln können. 

Zurück zu Visitor Analytics: Das Tool macht sich also das Browser-Fingerprinting zunutze, um dich zu identifizieren und Statistiken über dein Verhalten auf einer Website zu erzeugen. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Technologie aus datenschutzrechtlicher Sicht besser ist, als das Tracking mit Cookies. Das Ziel (Nutzerstatistiken erstellen) ist hier schließlich dasselbe. Lediglich die Technologie unterscheidet sich. 

Mozilla bezeichnet bezeichnet das Fingerprinting sogar als „eine Art der Online-Verfolgung, die eingreifender ist als gewöhnliche Cookie-basierte Verfolgung“. Der größte Nachteil für uns Nutzer ist, dass wir das Tracking schwieriger eindämmen können. Auch das Leeren der Cookies oder das Verwenden eines virtuellen privaten Netzwerkes bringt nichts, da sich dein digitaler Fingerabdruck dadurch nicht verändert.

Vorteile von Visitor Analytics

Meinen Visitor Analytics Test habe ich in Vor- und Nachteile unterteilt. Zu den Vorteilen gehören der gute (aber nicht perfekte) Datenschutz, der große Funktionsumfang und der faire Preis.

Der Datenschutz

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist Visitor Analytics dem Quasi-Monopolisten Google Analytics um Welten voraus. Und das liegt nicht am cookieless Tracking (weiter unten mehr dazu). Stattdessen habe ich ein deutlich besseres Gefühl eine Analytics-Lösung zu benutzen, die …

  1. … ihren Firmensitz in Deutschland hat.
  2. … ein Geschäftsmodell hat, das nicht auf Werbung basiert.
  3. … Nutzerdaten nicht an Dritte weitergibt.

All diese Punkte kann man nicht über das Analytics-Tool von der Datenkrake Google sagen. Dieses hat und ist auf mehr als der Hälfte aller Websites installiert.

Trotz der besseren Datenverarbeitung finde ich, dass Website-Inhaber ihren Besuchern die Wahl lassen sollten, ob sie getrackt werden wollen oder nicht. Ich löse das mit meinem Cookie-Tool Borlabs. Visitor Analytics bietet von Haus aus außerdem die Möglichkeit für einen Opt-Out an.

Außerdem gibt es einen optionalen einwilligunsfreien Modus. Mit diesem arbeitet das Tool datensparsamer, indem Informationen wie die IP-Adresse oder der Website-Verlauf nicht mehr gespeichert werden.

Die Funktionen

Für die Marketing-Nerds unter uns ist Visitor-Analytics ein ausgereiftes Tool. Die Oberfläche sieht sehr übersichtlich aus und über das WordPress-Plugin bekomme ich direkt im Backend meiner Website eine gute Übersicht über alle wichtigen Kennzahlen und kann alle Funktionen verwenden.

Visitor Analytics Dashboard
Das Dashboard von Visitor Analytics ist sehr übersichtlich.

Funktionen sind ein gutes Stichwort. Denn davon hat Visitor Analytics so einiges in Petto. Das Tool bietet mir alle wichtigen Standard-Metriken, wie Besucher, wiederkehrende Besucher, verwendete Geräte, Sitzungen, Sitzungsdauer, etc. Darüber hinaus gibt es noch weitere interessante Funktionen. Dazu gehören zum Beispiel …

Diese sollen dieses Jahr außerdem durch ein SEO-Tool und ein Chat-Tool ergänzt werden. Bei so vielen Funktionen hoffe ich nur, dass sich das Unternehmen nicht zu sehr verläuft. Meiner Erfahrung nach können viele Allrounder-Tools alles ein bisschen, aber dafür nichts besonders gut.

Visitor Analytics Heat Map
Mit Visitor Analytics lassen sich sogenannte Heat-Maps erstellen.

Der Preis

Für so viele Features ist der Preis von Visitor Analytics sehr fair. Du zahlst abhängig davon, wie viele Besucher deine Website hat. Bekommt deine Website weniger als 1.000 Seitenaufrufe pro Monat, ist das Tool sogar kostenlos. Das finde ich einen super Deal, da du Visitor Analytics risikofrei testen kannst, ohne vorher dafür zu bezahlen.

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Bereits für 5,83 Euro pro Monat kannst du Visitor Analytics nutzen, wenn du weniger als 100.000 monatliche Seitenaufrufe hast.

Nachteile von Visitor Analytics

Als Datenschutz-Blogger werfe ich natürlich ein besonders kritisches Auge auf die großen Versprechen von Visitor Analytics. Wir erinnern uns daran, dass das deutsche Unternehmen auf seiner Website damit wirbt, dass „Keine Cookies & kein Opt-In notwendig“ sind und dass das Tool zu „100 % DSGVO & CCPA-konform“ sei.

Wie viel besser ist cookieless Tracking?

Lasst uns zuerst einen Blick auf die angeblichen Vorteile des cookieless Trackings werfen. Visitor Analytics schreibt dazu auf ihrer Website: „[Tracking ohne Cookies] respektiert die Privatsphäre und stellt sicher, dass Sie korrekte Daten erhalten. […] cookieless Tracking bedeutet keine datenschutzrechtlichen Kopfschmerzen mehr.“ 

Dem muss ich leider widersprechen. Aus meiner Sicht bedeutet cookieless Tracking mindestens genauso viel datenschutzrechtliche Kopfschmerzen, wie Tracking mit Cookies.

Egal, ob Cookies oder nicht: Mit Visitor Analytics lassen sich detaillierte Statistiken über die Nutzer der Website erstellen. Das greift in die Privatsphäre der Website-Besucher ein, woran auch die Verwendung einer neueren Technologie nichts ändert.

Egal, ob Cookies oder nicht: Mit dem Sammeln von Nutzerdaten greift man in die Privatsphäre seiner Website-Besucher ein.

Versteht mich nicht falsch: Ich bin kein Gegner vom Erstellen von Nutzerstatistiken, solange sich diese im Rahmen halten und solange die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden.

Ich finde es allerdings schade, dass Visitor Analytics das Browser-Fingerprinting so darstellt, als ob es aus datenschutzrechtlicher Sicht in einer ganz anderen Liga spielen würde. Visitor Analytics schreibt weiter dazu:

„Der Fingerabdruck wird nicht auf dem Benutzergerät gespeichert und liefert daher keine Daten darüber, was der Besucher außerhalb der Sitzungen, die sich auf die jeweilige Webseite beziehen, tut.“

Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich frage, ob dieser Satz mit einem Translator-Programm erstellt wurde, kann ich ihm leider nicht zustimmen. Die Technologie des Browser-Fingerprintings spricht nicht automatisch gegen ein Website-übergreifendes Tracking.

Klar – solange du die Analytics-Daten nicht mit Dritten teilst, gibt es kein websiteübergreifendes Tracking durch das Browser-Fingerprinting. Die Inhaber von fremden Websites sehen also nicht, ob Besucher vorher auf deiner Homepage waren oder wie sie sich dort verhalten haben. Allerdings ist das beim Tracking mit Cookies genau das gleiche Prinzip. 

Die ePrivacy GmbH schreibt dazu in einem Blog-Artikel: „Der Fingerprint kann dabei von verschiedenen Anbietern ermittelt werden und macht eine Nachverfolgung über verschiedene Websites hinweg möglich.“ Rein theoretisch ist ein websiteübergreifendes Tracking also mit Browser-Fingerprinting genauso einfach möglich, wie mithilfe von Cookies.

Wie DSGVO-konform ist das Tracking ohne Opt-In?

Aus meiner Sicht bietet das Tracking mithilfe des Browser-Fingerprintings aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Vorteile im Vergleich zum Tracking mithilfe von Cookies. Daraus schlussfolgernd stelle ich mir die Frage, wie DSGVO-konform das Tracking ohne einen Opt-In eigentlich sein kann. 

Die zwei größten Verkaufsargumente von Visitor Analytics sind auf der einen Seite die 100 prozentige DSGVO-Konformität und auf der anderen Seite das Tracking ohne Opt-In. Also Tracking ohne die Einwilligung des Nutzers. Widerspricht sich das nicht irgendwie?

Meine moralische Antwort dazu ist: „Ja, das widerspricht sich.“

Meine juristische Antwort: „Keine Antwort – ich bin kein Anwalt.“

Allerdings haben sich glücklicherweise schon einige Anwälte Gedanken zu diesem Thema gemacht. Rechtsanwalt Jan Lennart Müller schreibt dazu auf it-recht-kanzlei.de beispielsweise: 

„Auch beim Device Fingerprinting wird im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG aber so auf Informationen vom Endgerät zugegriffen, dass bereits deswegen von einer eigenständigen Einwilligungspflicht ausgegangen werden könnte.“ 

Da die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sich allerdings nur auf die Cookie-Thematik bezogen hat, scheint es sich aktuell um einen Graubereich zu handeln. Wir werden wahrscheinlich erst Sicherheit haben, wenn es das erste Beispiel-Verfahren dazu gab.

Die meisten Anwälte empfehlen allerdings schon heute das Tracking mithilfe von Browser-Fingerprinting nur mit Opt-In einzubinden.

Wo werden die Daten gespeichert?

Ganz abgesehen von der rechtlichen Thematik, gibt es aus meiner Sicht einen weiteren Kritikpunkt: Ich habe keine Möglichkeit gefunden, die Daten auf meinem eigenen Server zu hosten. Klar – die Server sind in Deutschland und Visitor Analytics verspricht sie nicht mit Dritten zu teilen.

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Im Hintergrund baut dein Browser eine externe Verbindung zu app-worker.visitor-analytics.io auf, um die Nutzerdaten an Visitor Analytics zu übermitteln.

Ich kann mir vorstellen, dass das sowohl aus technischen, als auch aus Performance-Gründen nicht angeboten wird. Allerdings gibt es auch Analytics-Tools, welche die Daten lediglich auf dem eigenen Server speichern.

Ich benutze beispielsweise Matomo Analytics – ein Open-Source-Tool, das du mithilfe des kostenlosen WordPress-Plugins ganz einfach auf deinem eigenen Website-Server betreiben kannst. Der Nachteil dabei? Die Oberfläche ist hier weniger intuitiv wie bei Visitor Analytics und erweiterte Funktionen, wie beispielsweise Heat-Maps, gibt es ebenfalls nicht.

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Die Benutzeroberfläche vom Open-Source-Konkurrenten Matomo ist leider um einiges unübersichtlicher.

Mein Fazit zum Visitor Analytics Test

Was gefällt mir gut? Visitor Analytics schafft einen Spagat, den ansonsten nur wenige Tools hinbekommen: Das Tool ist sehr intuitiv, bietet zahlreiche Funktionen, einen fairen Preis und ist datenschutzrechtlich deutlich besser aufgestellt als Google Analytics.

Was gefällt mir weniger gut? Die Aussagen zum Datenschutz sind teilweise irreführend. Wenn der Schutz der personenbezogen Daten deiner Besucher an erster Stelle steht, empfehle ich dir eine Open-Source-Lösung, die du auf einem eigenen Server betreibst. Allerdings sind diese meiner Erfahrung nach etwas komplizierter, unübersichtlicher und bieten weniger Funktionen.

Wem kann ich also Visitor Analytics abschließend empfehlen? Allen Einsteigern und Fortgeschrittenen, die nach einer Alternative zu Google Analytics suchen. Im Vergleich zum Marktführer der Datenkrake, bietet Visitor Analytics mehr Funktionen, eine ähnlich intuitive Benutzeroberfläche und einen deutlich besseren Datenschutz.

Besonders für Inhaber von kleinen Internetauftritten ist Visitor Analytics interessant: Bei weniger als 1.000 Aufrufen pro Monat erhalten sie das Tool ohne Abstriche kostenlos.

Hast du noch Fragen oder Anmerkungen, hinterlasse mir doch gerne einen Kommentar! 🙂

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